Das Reportage-Format WISO des ZDF berichtet in der aktuellen Ausgabe über die Unfallgefahren für Lastenradfahrerinnen und -fahrer sowie für deren Insassen und Fracht. Ob die Sendung einen tatsächlichen Mehrwert für Lastenrad-Interessierte bietet oder nur die Argumente der Autolobby befeuert, klären wir in diesem kurzen Meinungsbeitrag.
Das Thema Lastenrad und Gefahr erfreute sich bereits vor nicht allzu langer Zeit großer Beliebtheit in den Massenmedien. Hier wurde allerdings eine Kampagne von Dekra und Verkehrswacht NRW breitgetreten, die das Thema recht einseitig beleuchtet und die Lastenräder hauptsächlich im Vergleich, beziehungsweise beim Zusammenprall mit Autos getestet und gefilmt hat. Wer diese eher abschreckenden Bilder noch mal auffrischen möchte, bitte hier entlang: Lastenrad-Crashtests der Verkehrswacht – Kampagne zu Risiken & Gefahren
In der betreffenden Ausgabe von WISO wird das Thema dankenswerterweise etwas differenzierter betrachtet. Auch wenn der Titel wieder einmal eher auf die Gefahr der Lastenradnutzung abzielt, als auf die Einflussfaktoren und deren Vermeidung:
Im Vergleich: Long John, Lasten-Dreirad und Kompaktcargo mit Neigetechnik
Zu Anfang des Beitrags sehen wir erneut Szenen eines Crashtest Lastenrad vs. Auto des ADAC (Spoiler: Autos sollten keine Lastenräder rammen!) danach geht es aber konstruktiv und gänzlich ohne Autos weiter. Der ehemalige Radprofi und Fahrradexperte der Dekra Marc Goelz vergleicht drei verschiedene, gar nicht mal so gängige Lastenradtypen in puncto Fahrsicherheit miteinander. Die Ergebnisse sind hier teils erwartbar, teils doch sehr überraschend. Konkret werden diese drei Modelle im Beitrag miteinander verglichen:
- Long John vom Modell Urban Arrow Family
- Lasten-Dreirad vom Modell Babboe Curve
- Kompaktes Lastenrad mit Neigetechnik vom Modell Johansson Oscar S
Klar ist es immer spannend, etwas Exotisches dabei zu haben. Was uns bei dem Vergleich allerdings fehlt, ist ein Longtail-Modell, welche sich die Straßen inzwischen geschätzt 50:50 mit den anderen Bauformen teilen. Hier hätte man statt des Modells mit Neigetechnik eher ein solches mit ins Testfeld hineingenommen und damit viele Nutzerinnen und Nutzer mehr direkt angesprochen.
Unfallgefahr und -vermeidung werden demonstriert
Auf einem Verkehrsübungsplatz durchfährt Experte Marc Goelz verschiedene Parcours, die Gefahrensituationen wie schnelle Kurvenfahrten, Ausweichmanöver – etwa bei geöffneten Autotüren – und Gefahrenbremsungen simulieren. Anschließend geht die Auswertung jeweils auf das unterschiedliche Fahrverhalten der drei Lastenradtypen ein, wobei hier laut Goelz klar das Long John die Nase vorn hat. Zwischendurch kommt Rober Wöhler als Vertreter des ADFC zu Wort und betont die Wichtigkeit der Aufklärung über das Thema Fahr- und Fahrzeugsicherheit, aber auch die des Lastenrades als Fortbewegungs- und Transportmittels an sich.
Spannend und lehrreich wird es im zweiten Teil des Tests, wenn ein Passagier-Dummy in die Räder gesetzt wird, zunächst nicht angeschnallt und anschließend vorschriftsmäßig mit den Gurten angeschnallt. Ebenfalls wird das Thema Helm adressiert. Sehr richtig und wichtig, denn die Kombination Eltern und Kinder ohne Helm im Lastenrad ist leider noch ein häufig gesehenes Bild in den Städten.
Hersteller mit besonderem Sicherheitsanspruch
Wer sich für die einfache, ressourcen- und platzsparende Mobilität eines E-Lastenrades interessiert, aber noch Zweifel in puncto Sicherheit hat, dem sei an dieser Stelle unbedingt ans Herz gelegt, einfach mal eine Probefahrt mit einem Händler oder anderen Lastenradbesitzer:innen zu vereinbaren. Manche Modelle, allen voran die mit einem langen Heck (Longtails) lassen sich wunderbar einfach fahren, sind vielseitig und dabei nicht weniger leistungsfähig als ein Lastenrad mit großer Transportbox. Vorderlader oder sogenannte Long Johns mit einem besonders hohen Anspruch an die Sicherheit der Passagiere gibt es zum Beispiel bei Ca Go (Ca Go FS200 Life Familiy Plus E-Lastenrad im Test) oder Riese & Müller (Riese & Müller Packster 70 E-Lastenrad im Test).
Fazit: Appell an Politik und Industrie
Die Art und Weise, wie dieser Beitrag das Thema Sicherheit beim Lastenrad aufbereitet, ist konstruktiver, als wir es in der Vergangenheit in den Medien erlebt haben und ist nicht als reines Signal „Finger weg vom Lastenrad“ aufzufassen. Er leistet ordentliche Aufklärungsarbeit, ohne dabei abzuschrecken. An einer Stelle wird sogar eine Art versteckter Appell an die Industrie formuliert, indem die Relevanz von Lastenrädern und deren Sicherheit für ein ungehindertes Fortschreiten der Verkehrswende betont und damit die Verantwortung von den Nutzerinnen und Nutzern auf Industrie und Politik gelenkt wird – so loben wir uns das.
Wie bewertet ihr die Sicherheit von Lastenrädern im Straßenverkehr?
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