Brompton Electric P Line 12-Gang im Test: Für ein besonders großes Maß an Vielseitigkeit und Flexibilität hat die motorisierte Version des Faltradklassikers aus London ganz kürzlich 12 Gänge für eine größere Bandbreite spendiert bekommen. Wie gut das funktioniert und wie sich das – und der Frontmotor – auf die Fahreigenschaften des Brommies auswirken, haben wir im ausführlichen Praxistest für euch herausgefunden.
Steckbrief: Brompton Electric P Line Explore 12-Gang
Einsatzbereich | Urban, Commute, Freizeit |
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Rahmenmaterial | Stahl, Titan |
Motor | 250 W-Frontmotor |
Akkukapazität | 300 Wh |
Gabel | Stahl |
Gewicht (o. Pedale) | 16,4 kg |
max. Systemgewicht | 110,0 kg |
Rahmengrößen | One Size (im Test: One Size) |
Besonderheiten | 12-Gang Ketten- & Nabenschaltungs-Kombination, Frontmotor mit tragbarem Akku, Titan-Hinterbau, E-Bike-Beleuchtung |
Website | www.brompton.com |
Preisspanne | 4.395 Euro - 4.503 Euro |
Die P Line markiert die obere Mittelklasse bei Brompton und kommt mit einem Hauptrahmen aus Stahl und einem Hinterbau aus Titan auf 16 Zoll großen Laufrädern dahergerollt. Damit ist sie etwa 1 Kilogramm leichter als die C Line, deren faltbarer Rahmen komplett aus Stahl besteht. In der E-Bike-Version kommt die P Line Explore 12-Gang von Brompton mit einem Gesamtgewicht von 16,4 kg daher, was für ein ausgewachsenes E-Bike schon ziemlich leicht wäre, für Brompton-Verhältnisse aber zunächst viel erscheint (zum Test der 7,45 kg leichten Brompton T Line). Der 250-W-Motor des Faltrades ist im Vorderrad untergebracht und wird durch einen 300-Wh-Akku mit Energie versorgt. Dieser wird am Steuerrohr angebracht, kann durch einen Klick-Mechanismus schnell abgenommen und dank praktischer Trageschlaufe wie eine Umhängetasche getragen werden. Vor allem aber hat die Electrict P Line Explore 12-Gang die neueste technische Errungenschaft Bromptons an Bord: Um auf 12 Gänge und die bisher größte Bandbreite eines Bromptons zu kommen, wird die etwa von der Brompton C Line (hier geht es zum Test der Brompton C Line) bekannte Sturmey Archer 3-Gang-Nabenschaltung mit einer neuen 4-Gang-Kettenschaltung kombiniert. Weiter verfügt das Falt-E-Bike über Front- und Rückleuchte, welche aus dem E-Bike-Akku gespeist werden, und ist in einer Einheitsgröße mit zwei unterschiedlich hohen Lenkervarianten erhältlich. Wählbar sind außerdem sechs verschiedene Farbvarianten; getestet haben wir das Bike in der dezenten Bronze Sky Farbgebung. Preislich liegt die Brompton Electric P Line Explore 12-Gang bei stolzen 4.395,00 € (UVP) ohne Rollgepäckträger und 4.503,00 € (UVP) mit Rollgepäckträger (Roller Frame).
Im Detail
Die Electric P Line Explore 12-Gang verfügt über denselben legendären Faltmechanismus wie alle Bromptons und ist dadurch in kurzer Zeit zu einem kompakten Paket von 645 mm (H) x 565 mm (B) x 270 mm (T) zusammengeklappt. So zusammengeklappt lässt es sich am Sattel angefasst unkompliziert, beispielsweise in die Bahn, tragen oder mit herausgezogener Sattelstange über den Bahnsteig rollen. Der aus Titan angefertigte Hinterbau ist hierfür mit zusätzlichen Rollrädern ausgestattet, die bei dieser neuesten Version der P Line mit 54 cm etwas breiter ausfallen als zuvor – Spoiler: Bei breiten Pflasterfugen oder auf Bodenleitsystemen ist dennoch weiterhin Vorsicht geboten. Mit dem separat erhältlichen Rollgepäckträger, der nochmals über zwei zusätzliche Rollräder verfügt und darüber hinaus mit 10 kg beladen werden kann, können die Rolleigenschaften des zusammengefalteten Bikes nochmals verbessert werden.
Gewichtstechnisch ist das Falt-E-Bike mit 16,4 kg natürlich erst mal deutlich schwerer als sein unmotorisiertes Pendant (und zwar ganze 6 Kilogramm!), verglichen zu anderen E-Bikes ist das jedoch ein noch eher niedriges Gewicht. Nimmt man den 300 Wh fassenden Akku ab, welcher in einer praktischen Umhängetasche verstaut am Steuerrohr des Rades angebracht ist, kann man dieses Gewicht schnell um 3 Kilogramm reduzieren und das Bike ist direkt deutlich leichter zu handhaben.
Auch wenn der ikonische Faltmechanismus und das Rahmendesign des Bromptons bereits seit 40 Jahren bestehen, wurden alle Bromptons in Bezug auf die Fertigungstechnik kontinuierlich weiterentwickelt. So bietet die Electric P Line Explore 12-Gang in Bezug auf die Verarbeitung keinerlei Grund zur Beanstandung. Die Rohrverbindungen sind sauber und dank der praktisch verschleißfreien Faltverbindungen ist über Jahre hinweg kein Spiel zu erwarten. Alle Teile sind fest und geräuschfrei montiert, nur die Sattelstütze neigt während der Fahrt ein wenig zum Absinken, trotz korrekt eingestelltem Schnellspanner. Positiv zu erwähnen sei hier außerdem der attraktive Lack, der besonders hochwertig anmutet und auch nach unserem einmonatigen Testzeitraum keine Gebrauchsspuren aufweist.
Ausstattung
- Motor Brompton 250-W-Frontmotor
- Akku Brompton 300-Wh-Akku mit LED-Anzeige
- Antrieb Brompton 3×4-Gangschaltung
- Beleuchtung Busch & Müller Avy
- Bremsen Brompton Felgenbremsen
- Reifen Continental Contact Urban Faltreifen, 349 x 35C
Unser Testbike ist umfassend ausgestattet, bietet eine durchdachte Zusammenstellung von hochwertigen hauseigenen Komponenten und verfügt zusätzlich über den optional erhältlichen Rollgepäckträger, der mit einer Kapazität von 10 Kilogramm aufwarten kann. Die Verwendung von Leichtbau-Reifen und -Schläuchen sowie anderen hochwertigen Kleinteilen verleiht dem Fahrrad insgesamt ein sehr ansprechendes Erscheinungsbild. Außerdem ist die Electric P Line Explore 12-Gang mit einer fest montierten, aus dem E-Bike-Akku gespeisten Lichtanlage ausgestattet – ein großer Vorteil gegenüber den nicht motorisierten Modellen, die ab Werk erst mal ohne fest verbaute Lichtanlage kommen.
Die verbauten Griffe sind aus angenehm griffigem Schaumstoff und ohne Klemmung am typisch schmalen Lenker angebracht. Die Schalthebel der neuartigen 12-Gang-Schaltung sowie die Bremshebel der Felgenbremsen sind bauartbedingt schwer zugänglich montiert, erfüllen aber ihren Zweck – der Umwerfer der neuen 4-Gang-Kettenschaltung ist sogar zum Patent angemeldet. Das Testbike rollt zudem auf leichten Continental Contact Urban 16″-Faltreifen in 35er Breite, die mit leichten TPU-Schläuchen von Tubolito aufgezogen wurden. Die fest verbaute Lichtanlage kommt von Busch & Müller und fällt definitiv eher in die Kategorie gesehen werden, was natürlich definitiv schon mal besser als gar nichts ist. Ein Highlight der Ausstattung findet sich an den Pedalen. Und zwar ist da, wo in früheren Generationen ein Faltpedal zu finden war, nun eines zum Stecken. Ein werkzeugfrei zu betätigender Schnellauslöse-Mechanismus ermöglicht einem hier, für ein möglichst schmales Packmaß das linke Pedal einfach abzunehmen und im Gepäck zu verstauen.
Motor und Schaltung
Der 250 W starke, bürstenlose Gleichstormmotor der Electric P Line verfügt sowohl über einen Tritt- als auch über einen Drehmomentsensor und befindet sich im Vorderrad des Bikes. Er wird durch einen 300-Wh-Akku gespeist, welcher in einer praktischen Tragetasche verstaut ist und am Steuerrohr angebracht wird. Mittels Klick-Verschluss kann er schnell angebracht und abgenommen werden. Das sollte man auch immer tun, wenn man das Fahrrad doch mal nicht mitnehmen sollte, denn ein Schloss dafür gibt es nicht. Das gesamte E-System kommt ohne Display aus. Die drei Fahrmodi werden über ein einfaches Controllpanel am Akku selbst gesteuert und dort befindet sich auch der Power-Button sowie die LED-Anzeige zum Akkustand. Da der Akku so weit oben, nämlich am Steuerrohr, angebracht ist, funktioniert die Handhabung des Controllpanels auch während der Fahrt gut. Dass dies das Handling des Bikes mitunter auch negativ beeinflussen kann, erläutere ich später.
Besonders bemerkenswert an der Ausstattung ist jedoch, dass die Brompton Electric P Line Explore 12-Gang die neueste technische Errungenschaft von Brompton mit an Bord hat: Um auf 12 Gänge und die bisher größte Bandbreite eines Bromptons zu kommen, wird hier nämlich die bereits bekannte Sturmey Archer 3-Gang-Nabenschaltung mit einer neuen, zum Patent angemeldeten 4-Gang-Kettenschaltung kombiniert. Die Kassette hat Abstufungen von 11-13-15-18. Kombiniert mit dem 50 Zähne zählende Kettenblatt vorn und der 3-Gang-Nabe ergibt das eine Gesamtübersetzung von 402 %, was man mit den Werten eines modernen Rennrades vergleichen kann. Doch ist es dadurch auch wirklich bergtauglicher geworden, wie einem die Werbung der britischen Marke suggerieren möchte?
Wie fährt sich die Electric P Line Explore mit 12 Gängen?
Das Erste, was beim Fahren mit der Electric P Line auffällt, ist das ungewohnte Ziehen des Frontmotors, welches beim ersten Tritt in die Pedale relativ unvermittelt einsetzt und – sofern man direkt in der höchsten Unterstützungsstufe startet – auch direkt mal zum sofortigen Zug an der Bremse führen kann. Anfangs ist es also sehr ungewohnt, dass der Motor einen über das Vorderrad zieht, statt wie sonst übers Hinterrad anzuschieben, aber nach kurzer Eingewöhnung lernt man, damit umzugehen und diesen Effekt sogar zum eigenen Vorteil zu nutzen– Stichwort: Allradantrieb. Dank des Drehmomentsensors kann die Motorsteuerung äußerst sensibel auf veränderte Pedalbewegungen reagieren, dies spürt man etwa, wenn man vor der roten Ampel etwas rausnimmt, um anschließend mit der grünen Welle weiterzusurfen.
Der kompakte 300-Wh-Akku ermöglichte uns in einem Reichweitentest mit hügeligem Streckenprofil, einem Testergewicht von 85 kg und viel Turbomodus eine Reichweite von knapp 45 km, was es für die meisten Freizeit-Anwendungen qualifiziert und im Pendel-Alltag mehr als ausreichend sein dürfte. Hier empfanden wir es als selten erforderlich, den Motor auf die dritte Stufe zu fahren, um eine ausreichende und natürliche Unterstützung zu erhalten. Wie vorangehend schon mal erwähnt, sitzt der Akku relativ hoch im Rad am Steuerrohr, was zum einen eine einfache Bedienung des Controlpanels am Akku während der Fahrt gewährleistet, aber zum anderen dem E-Bike einen ungünstig hohen Schwerpunkt verleiht. Das ist uns besonders dann aufgefallen, wenn man es im Stand zwischen den Beinen versucht zu balancieren oder im zusammengeklappten Zustand schiebt – an freihändiges Fahren gar nicht zu denken.
Wie auch bei unseren vorherigen Tests von Brompton-Falträdern überzeugt die über Jahre hinweg optimierte Rahmengeometrie mit einer äußerst agilen Lenkung, die aber stets stabil bleibt. Die schmalen und kleinen Reifen ermöglichen ein überraschend gutes Rollverhalten über Kanten, Kopfsteinpflaster und Schotter und beschleunigen dank des geringen Durchmessers irre gut. Die Bremsen erfordern viel Handkraft für eine effektive Bremsleistung, bieten jedoch eine zuverlässige Verzögerung, wenn auch nicht so kräftig wie Scheibenbremsen. Bei nassen Bedingungen ist die Bremskraft deutlich reduziert und Vorsicht geboten.
Die 12-Gang-Schaltung bietet eine große Bandbreite, die für die meisten Nutzerinnen und Nutzer jedoch wahrscheinlich überdimensioniert ist. Was sich auch in der Bedienung widerspiegelt, da wir uns auch noch nach einigen Kilometern regelmäßig mit den beiden Schalthebeln koordinativ in die Quere gekommen sind.
Durch das 50-Zähne-Kettenblatt vorne, die 3-Gang-Nabenschaltung und die 11-18er-Kassette ergibt sich eine Gesamtübersetzung von 402 %. Selbst mit einem 50er-Kettenblatt beträgt die kleinste Entfaltung so immer noch 2,36 Meter, was praktisch der klassischen 6-Gang-Übersetzung mit einem 44T-Kettenblatt (2,33), wie man sie etwa an der C Line findet (hier geht es zum Test der Brompton C Line) entspricht. Damit bleibt das typische Brompton-Problem der nicht ausreichend leichten Berggänge also bestehen. In Bezug auf die Bergtauglichkeit wird also nicht direkt etwas gewonnen, aber dafür ist ja auch noch der fein ansprechende Frontmotor da, der uns den ein oder anderen steilen Anstieg mit Bravour hochgezogen hat. In puncto Tourentauglichkeit bedeutet die neue Schaltung jedoch tatsächlich einen echten Mehrwert, da es natürlich Fortschritte in Bezug auf die Gangsprünge gibt: Diese liegen nun nicht mehr bei 23 bzw. 27 %, sondern bei 15–20 % innerhalb der kettengeschalteten Gänge.
Fazit – Brompton Electric P Line Explore 12-Gang
Die Electric P Line von Brompton ist die modernste Iterationsstufe des Fahrradklassikers, so viel steht fest. Doch ist sie auch die vielseitigste? Während die größere Übersetzungsbandbreite der ausgeklügelten 12-Gang-Schaltung und die zusätzliche Power des Motors es auf jeden Fall mehr für die Freizeit-Nutzung qualifizieren als je ein Brompton zuvor, geht das damit einhergehende höhere Gewicht und anspruchsvollere Handling – sowohl im ein- als auch im ausgeklappten Zustand – in der Regel etwas zu Lasten der Alltagstauglichkeit. Die Ausnahme der Regel sind hier Pendelfahrten in Kesselstädten wie Stuttgart oder Wuppertal – hier punktet das Bike auch im Alltag besonders. Faltrad-Ethusiasten und -Enthusiastinnen, die ihr Brommmie auch gern mal mit auf längere Tour oder in den Camping-Urlaub nehmen, sind mit der neuen Electric P Line mit 12 Gängen bestens beraten, während multimodale Commuter im stressigen Großstadtalltag die Vorzüge der leichteren unmotorisierten Bromptons weiterhin zu schätzen wissen werden.
Brompton Electric P Line Explore 12-Gang Pro / Contra
Pro
- Große Übersetzungsbandbreite
- Perfekter Faltmechanismus
- Kompaktes Faltmaß
- Schnelle Beschleunigung
- Großer Einsatzbereich
- Hochwertige Verarbeitung
Contra
- Relativ hohes Gewicht
- Schwache Lichtanlage
- Motorunterstützung zuerst unnatürlich
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