Im Juli dieses Jahres hatte die Stadt Offenbach ein gewagtes Experiment gestartet, das den Verkehr in der hessischen Großstadt grundlegend verändern könnte: die Umwandlung von Autospuren in Fahrradspuren auf einer Hauptverkehrsachse. Die ersten Ergebnisse dieser progressiven Initiative sind überraschend positiv.

Verkehrsrevolution oder Verkehrschaos?

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, dass die Offenbacher Verkehrsdezernentin Sabine Groß von den Grünen behauptet: „Man kann.“ Damit meint sie die Möglichkeit, auf einer vierspurigen Hauptverkehrsachse wie der Waldstraße zwei Spuren für Autos zu sperren und sie ausschließlich für Fahrräder und Busse zu öffnen. Diese Aussage stützt sie auf erste Untersuchungsergebnisse der Verkehrswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen der Hochschule Darmstadt.

Professor Jürgen Follmann, Experte für Verkehrsplanung an der Hochschule Darmstadt, betonte, dass entgegen den Erwartungen kein typischer Verkehrsstau auf der Teststrecke auftrat. Auch gab es keine Verlagerung des Verkehrs in Parallelstraßen, wie Thomas Marx, wissenschaftlicher Mitarbeiter, feststellte. Diese Befunde widerlegen die Bedenken, die sowohl in den sozialen Medien als auch von einigen Offenbacher:innen und Pendler:innen geäußert wurden.

Offenbacher Radverkehr vergleichsweise gering

Trotz dieser vielversprechenden Ergebnisse fordert die Bürgerinitiative Radentscheid Offenbach eine weitergehende Maßnahme: die Nutzung der Waldstraße als sichere Verkehrsachse für Radfahrende. Diese Forderung passt zu dem von der Stadt verfolgten Ziel einer umwelt- und klimafreundlicheren Mobilität, das auch eine Stärkung der Infrastruktur für den Radverkehr beinhaltet.

Obwohl Offenbach bereits seit 2018 Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs umsetzt, wie das Projekt Bike Offenbach zeigt, ist der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen mit 10 bis 15 Prozent noch vergleichsweise gering. Verkehrsdezernentin Groß ist jedoch optimistisch, dass dieser Anteil durch weitere Förderung des Radverkehrs gesteigert werden kann.

Fahrradspur wird häufig missachtet

Eine interessante Beobachtung der Hochschule Darmstadt ist zudem, dass viele Autofahrende trotz deutlicher Kennzeichnung widerrechtlich Fahrradspuren benützen würden. Bei einer Zählung hätten rund 720 von 2500 Autofahrende die Fahrradstreifen befahren. Weiterhin haben die Beobachtungen ergeben, dass Schülerinnen und Schüler der Albert-Schweitzer-Schule oft die viel befahrene Waldstraße überqueren, ohne die Fußgängerfurt zu nutzen. Daher wird empfohlen, dort tagsüber Tempo 30 einzuführen, eine Maßnahme, die laut Groß bereits in Arbeit ist.

Insgesamt könnte das Experiment der Stadt Offenbach einen wichtigen Beitrag zur Förderung des Radverkehrs und zur Schaffung einer umweltfreundlicheren Verkehrskultur leisten. Wie sich das Projekt langfristig entwickelt und ob es zu weiteren Anpassungen kommen wird, um den Bedürfnissen aller Verkehrsteilnehmenden gerecht zu werden, bleibt abzuwarten.

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Infos: FAZ | Bild: Waldstraße in Offenbach, September 2011 auf Wikimedia Commons

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