Mit dem Fahrrad pendeln hat Vorteile. Viele, die mit dem Commuter Bike zur Arbeit fahren, fühlen sich erholter. Rennradfahrer*innen können den Alltagsweg in ihren Trainingsplan einbauen. Nicht zuletzt ist die Kombination aus Arbeitsweg und Fitness manchen Organisationen Unterstützung wert. Hier findet ihr die wichtigsten Tipps, wie man das Radpendeln sicher und möglichst stressfrei gestalten kann.
Langsam loslegen
Der vielleicht wichtigste Tipp für Einsteiger*innen ins Pendeln mit dem Fahrrad: Geht es gelassen an. Wer sonst mit den „Öffentlichen“ oder dem Auto fährt, startet mit vielen Fragezeichen. Deshalb hilft es enorm, den Arbeitsweg mit dem Commuter Bike beim ersten Mal befreit von Terminen anzugehen. Man kann ihn am Wochenende erkunden oder erst einmal mit dem Rückweg starten.
Commuter Bike nehmen & Steuervorteile sichern
Ein wichtiges Argument: Für Arbeitswege mit dem Fahrrad gilt die gleiche „Pendlerpauschale“ wie mit dem Auto. Wer mit dem Rad zur Arbeit fährt, kann das in der Einkommensteuererklärung unter den Werbungskosten angeben. Pro Entfernungskilometer werden 30 Cent berechnet. Aber: Es kostet deutlich weniger, den Weg aus eigener Kraft zurückzulegen als mit dem Auto.
Andere Vorteile abchecken
Radfahren ist nachhaltiger für die Umwelt und auch für den eigenen Körper. Radpendler*innen schaffen leicht die von der WHO empfohlenen 22 Minuten täglichen Ausdauersport. Manche Krankenkasse belohnt das im Rahmen des Bonussystems. Laut einer Studie haben Arbeitnehmer*innen, die mit dem Rad zur Arbeit fahren, außerdem weniger Krankheitstage: Rund 1,5 Tage weniger melden sie sich krank. Und sie scheinen zufriedener zu sein. In der gleichen Studie liegt ihr „Well Being Score“ höher als bei anderen Pendler*innen.
Die besten Wege finden
Die Routenplanung ist die hohe Kunst des Pendelns mit dem Commuter Bike. Der kürzeste Weg ist selten der beste. Aber auf dem richtigen Weg kann man schon unterwegs auch vor der Arbeit noch einmal Gedanken sammeln, abschalten und sogar genießen. Das gilt für den Rückweg erst recht, weil dann im Idealfall das Ende offen ist – im Zweifelsfall gleich mit der Familie klären. Ich hatte schon viele Ideen für die Arbeit auf dem Weg dorthin. Große Straßen meidet man am besten. Als Routenplaner eignen sich verschiedene Portale für verschiedene Einsatzzwecke:
- Komoot Die App ist eigentlich für Radtouren ausgelegt. Sie kann aber auch sinnvoll für die Planung einer Pendelstrecke sein, besonders für längere Strecken, die auch im Umland der Städte liegen. Tipp: Gravel, MTB als Routenoption nehmen, so erhält man ruhigere Strecken. Wer „Fahrrad“ wählt, wird bevorzugt über ausgeschilderte Radwegenetze unter Berücksichtigung touristischer Routen geführt. Mehr: https://www.komoot.de/
- Strava Auch die Sportler*innen-Community-App, die für ihre KOMs und QOMs bekannt ist, hat eine Routenfunktion. Interessant ist sie vor allem für Rennradfahrer*innen, die den Arbeitsweg in ihr Training einbauen wollen. Weil Strava stark von Rennradfahrer*innen genutzt wird, lassen sich mit der eingebauten Heatmap bevorzugt Wege finden, die auch viele andere Rennradfahrer*innen nutzen. Mehr Infos: https://www.strava.com/
Kleidung fürs Pendeln per Fahrrad wählen
Eins steht fest: Im Winter ist die richtige Kleidung fürs Pendeln mit dem Fahrrad wichtiger als im Sommer. “Gerade in der Übergangszeit muss man sich darauf einstellen, dass die Temperatur im Tagesverlauf stark schwanken kann. Morgens auf dem Hinweg liegt sie knapp über dem Gefrierpunkt, am Nachmittag aber bei fast 20°, da sollte die Kleidung möglichst variabel gewählt werden”, rät Michael Hokkeler. Der Kölner pendelt ganzjährig zwischen Köln und Bonn mit dem Rennrad und kommt so leicht auf 10.000 km pro Jahr (Strava), die er auch für Rennrad-News Tests einsetzt. Um ein paar zentrale Neu-Anschaffungen wird man also nicht herumkommen, wenn man ganzjährig mit dem Rad zur Arbeit fahren will. Im Video haben wir für euch die Essentials fürs Radpendeln und wie man sie geschickt kombiniert zusammengestellt.
Die richtige Entfernung wählen
Kann man 10 km mit dem Fahrrad pendeln oder 20 km? Oder sogar 50 km? Das ist nicht nur eine Frage der Fitness. Je einfacher man es sich am Anfang macht, desto leichter wird es zur lieben Gewohnheit. Steigern geht immer. Als Anhaltspunkt: Man sollte die Länge so wählen, dass man mit einem Durchschnittstempo von rund 15 km/h pünktlich ankommen kann. Plus ein Puffer von 5 bis 10 Minuten für eventuelle Defekte. Auch wenn man mit vielen Commuter Bikes, wie zum Beispiel dem Ampler Axel Pedelec viel schneller fahren kann und je nach Verkehr vielleicht auch 20 km/h bis 22 km/h im Schnitt schafft. Der Zeitpuffer entstresst gewaltig.
Rad & Bahn oder Auto kombinieren
Für viele ist ab 30 km one-way die Grenze der täglichen Radpendelstrecke erreicht. Das sind immerhin drei bis dreieinhalb Stunden Radtraining pro Tag. Ist der Arbeitsort zu weit weg, um beide Wege zu schaffen? Dann kann man vielleicht eine Strecke mit der Bahn zurücklegen. Das Rad spart auch bei der Fahrt zum/vom Bahnhof Zeit. Wenn das keine Alternative ist: Interessant kann das Commuter Bike auch zur Stau-Umfahrung sein. Man fährt mit dem Auto einen Parkplatz in der gewünschten Entfernung an – natürlich vor der Engstelle auf der Autobahn – und steigt dort um. So kann man gleichzeitig den gewünschten Trainingsumfang sehr genau steuern.
Arbeitsweg fürs Training nutzen
Apropos Training: Natürlich kann man den Arbeitsweg auch in ein strukturiertes Radtraining einbauen. Auf der Hand liegt es, die vielen Kilometer fürs Grundlagentraining einzusetzen. Mit Radtasche Sprints üben? Eher nicht. Für längere Einheiten ist der Weg von der Arbeit nach Hause ideal. Eventuell liegt an einem bestimmten Tag ein Rennradtreff auf dem Weg, der sich einbauen lässt? Das erhöht die Motivation. Auch im Grupetto pendeln mit dem Rad ist ein Weg, die Motivation bei schlechtem Wetter hochzuhalten (und andere für die gute Sache zu gewinnen).
Einfach die positiven Erfahrungen mit radaffinen Kolleg*innen teilen oder Menschen, die man unterwegs in gleicher Richtung trifft, ansprechen. Manche kommen überraschend schnell auf den Geschmack und schon fährt man nicht mehr ständig allein.
Michael Hokkeler, Ganzjahres-Rennradpendler
“Einfach die positiven Erfahrungen mit radaffinen Kolleg*innen teilen oder Menschen, die man unterwegs in gleicher Richtung trifft, ansprechen. Manche kommen überraschend schnell auf den Geschmack und schon fährt man nicht mehr ständig allein”, empfiehlt Michael Hokkeler. Wer den Weg zur Arbeit effektiv nutzen will, kann mit einem Verzicht auf das Frühstück zu Hause auch eine kürzere Strecke zur Steigerung der Fettverbrennung nutzen. Hat man eine Dusche am Arbeitsplatz, spricht natürlich auch wenig gegen strukturierte Intervalle, vorausgesetzt man hat danach schnell wieder einen klaren Kopf und keine anstrengende körperliche Arbeit.
Arbeitsplatz-Infrastruktur optimieren
Nicht viele haben am Arbeitsplatz das Glück, Duschen zu können. “In größeren Betrieben sollte man sich aber einfach mal umhören und sich mit den Hausmeistern gut halten. Da gibt’s dann plötzlich irgendwo hinterm Getränkelager die alte Dusche für den Vorstandsfahrer”, hat Michael erfahren. Manchmal geht die Körperpflege in einem Betrieb in der Nähe, der freundlicherweise seine Türen dazu öffnet (auch wenn es aktuell eher nicht der Fall sein dürfte). Und eine Dusche ist kein Muss. Die gute alte „Katzenwäsche“ mit einem feuchten Waschlappen – zur Not auf der Toilette – befreit ebenfalls wirksam von Körpergeruch. Eine weitere Notlösung sind zudem Trockenwaschlappen. Auch die Frage, wohin mit nassen Radkleidern und dreckigen Überschuhen sollte man in Absprache mit dem*der Arbeitgeber*in lösen, bevor man hilflos triefend im Büro steht. Oft findet sich ein Platz zum Umkleiden, der sonst als Abstellraum genutzt wird. „Überhaupt wirkt offene Kommunikation in Sachen Pendler*inneninfrastruktur mit den Gesundheitsbeauftragten oder der Führungsetage manchmal Wunder, mehr als ein ‚Nein‘ kann man sich dort auch nicht abholen“, ermutigt Michael zur Initiative.
Wohin mit den Sachen?
Michael Hokkeler rät: „Die Infrastruktur am Arbeitsplatz beeinflusst auch die Transportfrage: Rucksack oder Gepäckträger? Wer jeden Tag Essen, Kleidung und einen Laptop im Rucksack transportieren muss, kommt schnell auf 6-8 kg Gepäck (oder mehr) und beansprucht Rücken und Nackenmuskulatur bei täglicher Fahrt entsprechend stark. Ein Gepäckträger mit Packtaschen kann Abhilfe schaffen, beeinflusst aber auch das Fahrverhalten des Rades. Die Spritzigkeit geht verloren und der Schwerpunkt im Wiegetritt und in Kurven verändert sich. An der Optik am Rennrad scheiden sich zudem die Geister, doch da sollte man drüberstehen. Letztlich hilft nur ausprobieren. Sicher ist: Egal ob Rucksack oder Taschen, wasserdicht und langlebig sollten sie sein.“
Commuter Bike oder Rennrad?
Natürlich kann man mit jedem Rennrad zur Arbeit fahren und nur gelegentlich bei Bedarf Schutzbleche oder Licht anstecken. Aber es geht doch erheblich leichter, wenn man einfach ein fix und fertig optimal ausgestattetes Rad aus dem Hausflur oder der Garage rollt, wann immer man es braucht. Licht mit Strom aus dem Nabendynamo, gute Schutzbleche und ein Gepäckträger machen das Leben als Commuter leicht – und das so ausgestattete Rennrad eignet sich übrigens auch perfekt als Winter-Trainingsrad. Hier haben wir alles über Commuter-Rennräder für euch zusammengestellt. Auch ein Trekkingbike oder umgerüstetes Mountainbike kann ein gutes Rad zum Pendeln sein. Rennradfahrer*innen werden aber darauf achten, dass die Sitzposition der Position auf dem eigenen Rennrad ähnelt, sonst fällt die Umstellung schwerer.
Sicher abstellen
Pendelräder stehen oft am selben Platz. Diebe können sich leichter darauf einstellen. Wer nur bis zum Bahnhof pendelt, kann über ein möglichst wertloses „Bahnhofsrad“ nachdenken und sollte nicht unbedingt zum teuren Commuter Bike greifen. Aber selbst dafür gilt: Das Schloss in der höchsten Sicherheitsstufe wählen, ein Bügelschloss oder hochwertiges Faltschloss müssen es sein. Mit speziellen Diebstahlsicherungen kann man den Sattel, den Scheinwerfer und die Laufräder zusätzlich absichern. Hochwertigere Räder sollte man nur in geschlossenen Räumen, mindestens aber abgegrenzten Radabstellanlagen abstellen.
Wetterradar nutzen
Ein Blick auf die Wetterdaten für den nächsten Tag ist für das Zurechtlegen der passenden Kleidung eine große Hilfe. Besonders das sogenannte Regenradar oder Niederschlagsradar ist auch auf regionaler Ebene für Tagesspannen sehr zuverlässig. Als App bietet zum Beispiel DWD eine anschauliche Prognose. Auf der Webseite von Wetter24 gibt es hier ein Vorhersagefilm für Niederschläge oder hier bei Wetter Online.
Sich belohnen
Wer bei Wind und Wetter mit dem Rad zur Arbeit fährt, verbrennt auch mehr Kalorien als hinter dem Steuer oder am Handy in der Bahn. Da kann man sich ganz ohne schlechtes Gewissen etwas extra Leckereien gönnen. Auch an gespartem Geld, das in bessere Ausrüstung fließt, hat man viel Freude.
Habt ihr noch Tipps für das Pendeln mit dem Fahrrad? Team E-Bike oder Team Dusche?
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