Ein besonders tragischer Fall zeigt, wie bitter diese Realität sein kann: Ende September stieß die 41-jährige Schauspielerin Wanda Perdelwitz (bekannt u.a. aus dem Großstadtrevier, Anm. d. Red.) in Hamburg mit dem Fahrrad gegen eine plötzlich geöffnete Autotür und zog sich dabei so schwere Kopfverletzungen zu, dass sie wenige Tage später im Krankenhaus starb. Gegen den Beifahrer, der die Tür geöffnet hatte, wird inzwischen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt.
Das Problem ist technisch lösbar
Seit Jahren wissen wir, wie gefährlich plötzlich geöffnete Autotüren für Radfahrende sind. In engen Innenstädten, auf Schutzstreifen oder schmalen Radfahrstreifen gehört das Risiko zur täglichen Erfahrung. Die Verletzungen sind oft gravierend, nicht selten lebensgefährlich – wie dieser prominente Fall schmerzlich zeigt.
Dabei machen die Entwicklungen der letzten Jahre in der Automobilbranche eines klar: Das Problem ist technisch lösbar. Assistenzsysteme wie Audis „Exit Warning“ oder Lexuss „Safe Exit Assist“ zeigen, dass Fahrzeuge längst erkennen können, wenn sich ein Radfahrer nähert. Sensorik, Radar, Kameras – alles vorhanden, alles millionenfach bewährt in anderen Assistenzfunktionen. Teilweise blockieren Fahrzeuge die Tür sogar aktiv, wenn Gefahr droht. Wer heute noch argumentiert, Dooring sei unvermeidbar, ignoriert den Stand der Technik.
Sicherheit darf kein Aufpreispaket sein
Das eigentlich Erschreckende ist daher nicht, wie gefährlich Dooring ist – sondern wie lange man bereit war, diese Gefahr hinzunehmen. Während Notbremsassistenten, Spurhalter und Müdigkeitswarner längst gesetzlich vorgeschrieben sind, blieb der Schutz ungeschützter Verkehrsteilnehmer beim Aussteigen jahrelang optional. Vor allem Premiumhersteller leisteten sich die Systeme, während Volumenmodelle sie erst spät oder gar nicht anboten. Sicherheit als Aufpreispaket – ein fragwürdiges Prinzip.
Politik und Technik müssen zusammenwirken
Dass nun offenbar auch die Bundesregierung über eine Pflicht für Dooring-Warnsysteme nachdenkt, wie ntv berichtet, ist deshalb überfällig. Es wäre ein Paradigmenwechsel: Weg von der Erwartung, dass Radfahrende permanent defensiv fahren müssen, hin zu einer geteilten Verantwortung. Wer ein Auto im öffentlichen Raum abstellt, trägt auch Verantwortung beim Öffnen der Tür.
Gleichzeitig darf Technik nicht als Ausrede dienen, Infrastrukturprobleme weiter zu ignorieren. Zu schmale Radstreifen, fehlende Sicherheitsabstände und schlechte Verkehrsführung bleiben gefährlich – mit oder ohne Sensoren. Dooring-Warnsysteme sind kein Ersatz für gute Radinfrastruktur, sondern eine notwendige Ergänzung.
Fazit: Verantwortung übernehmen, Leben retten
Am Ende geht es um eine einfache Frage: Wenn wir wissen, dass eine Technologie Leben retten kann – warum ist sie dann noch nicht Standard? Dooring ist kein individuelles Versagen, sondern das Ergebnis eines autozentrischen Systems, das den Schutz von Radfahrenden zu lange nachrangig behandelt hat. Die Technik ist da. Jetzt braucht es den politischen und gesellschaftlichen Willen.
4 Kommentare
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Meinung: Dooring ist kein Unfall – es ist ein Systemfehler
So wie alle anderen technischen Assistenzsystem die in den letzten Jahren bzw Jahrzehnten eingeführt wurden, wie zB der Abbiege Assitenz bei LKW, unter anderem auch wegen den Rad- und Fußgängerunfällen eingeführt, sollten schleunigst eingeführt werden.
Da hilft nur weiter Druck machen; sei es von öffentlich rechtlichen, privaten Medien, sozialen Medien und von uns den Radfahrern, indem man dieses Problem immer und immer wieder bei den Politikern vorbringt und urgiert! Die Fahrradorganisationen machen das ohnehin
Man kann nur (zynisch) hoffen, dass auch mal ein Politiker, Abgeordneter oder EU Vertreter betroffen ist, dann gehts nämlich bzw mitunter auch ziemlich schnell.
Und ob jetzt 20 oder 21 Assistenzsysteme verbaut werden, und ob das KFZ dadurch 0,001 % teurer wird, ist auch schon egal.
Es ist wichtig und richtig, dass so etwas so rasch wie möglich eingeführt wird.
?
Was für ein eigenartiger Begriff.
Sonst schreibt und redet man ja auch von einem Auto, PKW, LKW, Rad Unfall. Warum nicht auch hier von einem Türunfall, Türöffnungsunfall. „Radfahrerin prallte gegen plötzlich geöffnete Autotür.“
Dann kommen sicher wieder so kreative Wortkreationen wie „Radfahrende prallte gegen plötzlich gedoorte Cardoor“ raus. Er wurde gedoort/ Sie wurde gedooring(t)?
Das tragische ist auch, dass sie sich für sicheres Radfahren eingesetzt hatte.
Es zeigt sich aber leider auch, dass in vielen Fällen, so vermutlich auch hier, ein Helm ihr das Leben gerettet oder schwere(ste) Verletzungen vermieden hätte. Wenn man sich für Sicherheit im Radfahrstraßenverkehr einsetzt, sollte ein Helm auch dazu gehören.
So schlimm jeder Einzelfall auch ist. Es ist immer noch die Verantwortung des Fabrradfahrers selber auf die Umgebung, denWeg vor einem, mögliche Hindernisse und Gefahren zu achten und die Geschwindigkeit anzupassen. Helm tragen hilft auch.
Warum das Leben für alle Autofahrer mit unnötigen Systemen weiter verteuern, wenn Vorsicht und Achtsamkeit ausreicht?
Und eine klare Verantwortlichkeit und Rechenschaft im Falle eines Unfalls.
Ich bin selber Radfahrer mit ca. 5000 km im Jahr.
Als passionierter 63ger RR / MTBler mit knapp 200k km in Rad-Sätteln, auch als ehemaliger Außendienstler mit über 2 Mio km im Auto, wundere ich mich immer wieder, was es zu diesem Thema zu diskutieren gibt.
Zu Zeiten, wo Auto / LKW / Moped und Radfahrer vergessen, was die Fahrschule und der gesunde Menschenverstand für einen Fahrbahnwechsel / Ausfahren / Abbiegen lehrt, "blinken, Hand raus" wundere ich micht nicht über die völlig unnötigen Unfälle. Wenn dann viele Verkehrteilnehmer nicht die einfachsten Regeln auch anwenden, immer noch ohne Helm, oft viel zu schnell mit dem Rad (gerade ältere eBiker, ohne Fahrpraxis, völlig beknackte Möchtegern Racer) im eh überfüllten, oft raduntaugliche Straßenverkehr, oder sonst wo unterwegs sind, krachts halt oft immer mehr tödlich. Kommt dann noch ein vermutlich blinder Parker dazu, der ohne Hirn und Verstand nicht in die Spiegel / über die Schulter schaut, trotzdem einfach raus will, scheppert es. Da hilft kein weiterer, elektronischer Helfer im Auto, der dann sicher auch noch abschaltbar ist, eher noch mal einige Stunden Verkehrsuntericht und vor allen Rücksicht. Wenn das nicht, Bußgelder für alle, die sich falsch verhalten, andere und sich selber gefährden. Armes Deurschland, denn anderswo funktioniert das Gemeinsam im Straßenverkehr viel besser.
Ich hoffe, meine Meinung ist auch ohne 100.000 bis 2.000.000 km Erfahrung von Relevanz, aber gerade deine letzten Sätze kann ich so nicht stehen lassen:
Doch, laut Artikel gibt es die und sie blockieren z. B. die Tür. Warum sollte das nicht helfen?Klar, es wäre schön, wenn sich alle im Straßenverkehr an Regeln halten und Rücksicht nehmen, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie du alle Menschen, die einen Führerschein haben, dazu bringen willst, regelmäßige Auffrischungskurse zu machen - und das auch noch so, dass von den Inhalten etwas hängen bleibt und Gewohnheiten verändert werden. Auf der anderen Seite führen solche Träumereien dazu, dass umsetzbare Lösungen nicht angestrebt oder vorgeschrieben werden und es sterben halt einfach immer weiter Menschen. Muss man halt wissen, ob es einem das wert ist.
Das heißt also entweder auf Vorfälle reagieren (Das passiert ja laut Artikel und Ermittlung wegen fahrlässiger Tötung lässt sich jetzt kaum noch steigern.) oder eine Unzahl an Verkehrspolizisten einstellen, die beim Aussteigen ganz genau schauen, ob jemand vorher in den Spiegel geschaut hat.
Fazit: Ich verstehe nicht, warum man sich gegen den Einsatz von vorhandener Technik ausspricht, wenn sie Menschenleben schützt und nicht viel kostet. Den Sicherheitsgurt nutzt du doch bestimmt auch.
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